Verpflichtende Inspektion trifft auf Ressourcenmangel
Die regelmäßige Wartung von Windkraftanlagen ist sowohl für die Sicherheit als auch die Effizienz unerlässlich. Unabhängig davon, wo die Anlage ihren Standort hat, ist diese permanent unterschiedlichsten Wetterbedingungen ausgesetzt – gerade bei Offshore Anlagen sind die Umstände extrem. Verantwortlich für die regelmäßige Wartungen von Windkraftanlagen, unabhängig von deren Standort, ist der technische Betriebsführer.
Weiterhin ist die Wartung von Windkraftanlagen aber nicht eine Entscheidung des Betreibers, sondern verpflichtend. Der Gesetzgeber, aber auch Versicherung und sogar die Berufsgenossenschaft schreiben eine wiederkehrende Inspektion von WKAs vor.
Der Schmerz für die Betreiber allerdings groß: eine Wartung bedeutet lange Stillstandzeiten und somit einen Produktionsausfall. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit von Industriekletterern mehr als begrenzt ist. Die Betreiber müssen nehmen was sie kriegen können – bedeutet, dass die Anlage ggf. an einem Tag mit sehr guten Windverhältnissen für eine Wartung stillgelegt werden muss.
Dennoch bleibt keine Wahl, das Risiko die Wartungen nicht regelmäßig durchzuführen ist schlichtweg zu hoch – der Betreiber kann schlimmstenfalls die Genehmigung für seine Windkraftanlage verlieren.
In welchen Intervallen ist die Wartung von Windkraftanlagen erforderlich?
Wiederkehrende Prüfungen sind in regelmäßigen Abständen durch Sachverständige an Maschine, Rotorblättern und Turm durchzuführen. Die Prüfintervalle ergeben sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen zur Maschine und betragen höchstens 2 Jahre, dürfen jedoch unter Umständen auf vier Jahre verlängert werden. Hier gibt es eine Übersicht vom TÜV Süd dazu: Prüfempfehlung TÜV Süd
Die spezifischen Intervalle der regelmäßigen Prüfungen ergeben sich schließlich aus der Typenprüfung, die vom Germanischen Lloyd oder dem TÜV vorgenommen wurde.
Die Prüffristen richten sich also nach der installierten Leistung der Windenergieanlage und werden wie folgt festgelegt:
- WEA kleiner 300 kW: alle 4 Jahre
- WEA ab einschließlich 300 bis kleiner 1500 kW: alle 2 Jahre
- WEA ab einschließlich 1500 kW: jährlich
Versicherungen verlangen zudem teilweise weitere Prüfintervalle, welche variieren können. Beispielsweise fordern dieses meist die Prüfung des Blitzschutzes in einem 2-Jahres-Zyklus. Grundsätzlich entsprechen die Wartungsintervalle den oben genannten, wobei zu beachten ist, sollten die vorgeschriebenen Intervalle um mehr als 3 Monate überschritten werden, der Versicherungsschutz für die entsprechenden Bauteile entfallen kann.
Bei Offshore-Anlagen sollten sich die Betreiber zusätzlich Gedanken bzgl. der vorgegebenen Intervalle machen. Anlagen auf offener See sind extremen Bedingungen ausgesetzt und aus diesem Grund besonders anfällig für Schäden. Die CMS-Technik allein garantiert keine Komplettüberwachung insbesondere nicht bei nicht-elektronischen Bereichen wie Rotorblättern und Fundament. Bei der Errichtung und dem Betrieb von Offshore Anlagen gibt das Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) technische Standards vor, welche eingehalten werden müssen, um einen sicheren Betrieb zu garantieren. Die vorgegebenen Standards des BSH müssen regelmäßig überprüft werden. So ist beispielsweise eine regelmäßige Sichtwartung (optische Inspektion) vor Ort vorgeschrieben. Bei solchen „wiederkehrenden Prüfungen“ müssen jährlich mindestens 25% einer Anlage vor Ort optisch inspiziert werden. Ansonsten wird eine Wartung etwa alle 6 Monate empfohlen.
Da in den letzten Jahren eine sehr hohe Anzahl an Windkraftanlagen in Deutschland errichtet wurde, ist auch die Berufsgenossenschaft auf die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften bei Arbeiten an oder in Windkraftanlagen aufmerksam geworden. Aus diesem Grund sind die Betreiber bzw. die Geschäftsführung von WKAs dazu verpflichtet auch regelmäßige Prüfungen in Bezug auf die Arbeitsschutzvorschriften durchzuführen.
Dazu gehören:
- Wartung des Feuerlöschers: spätestens alle 2 Jahre
- Prüfung von Steigleitern und persönlicher Schutzausrüstung: jährlich
Auch wenn die meisten Wartungs- und Servicetechniker ihre eigenen Gurte und Halteeinrichtungen mitbringen, muss laut Genehmigungsbestimmungen für Windkraftanlagen eine bestimme Anzahl an persönlicher Schutzausrüstung für Notfälle vorhanden sein.
Was ist Bestandteil einer Wartung von Windkraftanlagen?
Zu der Wartung einer Windkraftanlage gehören die Prüfung aller wichtigen mechanischen sowie elektrischen Teile.
- Kontrolle aller Komponenten einschließlich Rotorblätter und Turm
- Optische Inspektion der Anlage in Bezug auf Korrosion, Schimmel, Risse, Kolkbildung oder ähnliches
- Drehmomentkontrolle aller Schrauben
- Dichtigkeits- und Funktionsprüfung
- Überprüfung der Laserausrichtung
- Kontrolle von Ölständen (ggf. Nachfüllen) inkl. Funktionskontrolle des Ölkreislaufes mittels Ölanalyse
- Wechsel aller vorhandenen Filter
- Überprüfung des gesamten Triebstranges inkl. frequenzselektiver Schwingungsanalyse
- Reinigung und Justierung der Bremsen
- Blitzschutzmessung
- Videoendoskopie
Problematik von regelmäßigen Wartungen
Obwohl die Vorschriften und Regelungen in Bezug auf die regelmäßige Wartung von Windkraftanlagen eindeutig sind, können Betreiber diese teilweise nicht einhalten. Der Grund dafür ist die bereits erwähnte mangelnde Kapazität von Industriekletterern. Wartungsunternehmen haben für die Menge an Windkraftanlagen schlichtweg zu wenig Personal. Dieses Problem besteht seit einigen Jahren im Markt, wodurch enorme Schwierigkeiten entstehen können. Betreibern beispielsweise ist die regelmäßige Wartung auch aus diesem Grund ein Dorn im Auge, denn sie müssen sich bei der Durchführung der Wartung nach den Ressourcen des Wartungsunternehmens richten wodurch teilweise lange Standzeiten entstehen, auch an Tagen, welche ggf. sehr produktiv gewesen wären. Wenn die regelmäßigen Wartungsintervalle aber nicht eingehalten werden, entsteht das Problem der Haftungsverantwortung – wer trägt das Risiko, wenn eine Anlage beschädigt ist? Genau aus diesem Grund fordern Gutachter und auch Versicherungen eine regelmäßige Wartung inklusive Blitzschutzprüfung. Der Zwiespalt wird deutlich – eine regelmäßige Wartung ist erforderlich, die Kapazitäten allerdings nicht vorhanden. Das bedeutet, dass der Markt eine Lösung braucht und zwar besser gestern als heute. Es gibt derzeit bereits einige Alternativen zu Industriekletterern, wie beispielsweise Kletterroboter oder drohnengestützte Inspektionen, welche das Kapazitätsproblem auf lange Sicht gesehen lösen können.